Vehlow und das placidianische Häusersystem
Dies ist ein Ausschnitt aus einem Dialog in einem astrologischen Forum, in dem ich ein wenig geschrieben habe, weil dort von einem jungen Mann Behauptungen über das Vehlowsche System gemacht wurden, die ich so nicht stehen lassen wollte. Es geht hier um die Methode des Johannes Vehlow, sein Häusersystem, die so genannte „antike Manier“, Placidus und die Geschichte der Astrologie mit einem Exkurs über den tropischen und siderischen Tierkreis und die Rechfertigung und den Sinn der inäqualen Manier: Der Autor des Forums (das nach unserem Dialog dann geschlossen wurde) gab vor, die äquale Manier sei die ursprünglichste und anderen Systemen überlegene Häusertheorie.
C.: ….. habe gerade noch Deinen Häuserbeitrag gelesen. Ich denke, es gibt für die meisten Häusersysteme eine plausible Begründung. Und die verschiedenen Arten widersprechen sich auch nicht, wenn man dazu die richtigen Deutungmethoden hat. Ich finde Vehlow in seinen Sichtweisen sehr sympathisch, auch die Hamburger Art, mehrere verschiedene Horoskope nach äqualer Manier für einen Zeitpunkt zu machen, bringt etwas.
Ich glaube, es ist nur wichtig, dass man bei EINEM Häusersystem bleibt.
Ich setzte den Schwerpunkt auf die Zeit, dann bedingt die temporal äquale Manier grafisch inäquale Häuser. Aber das ist wahrscheinlich auch nur eine Gewohnheit.
Der andere: ….noch einmal zu den Häusern: Lies mal die "Nachlese" im Noe Interview aus Stellium II. Das ist ganz typisch. Die äqualen Häuser liefern die unmittelbar (!) richtigeren Ergebnisse. Aber ein Astrologe der sich so lange auf ein anderes System eingeschossen hat, kommt nicht so einfach davon los. Da geht es nicht mehr um sachliche Einwände sondern um das Festhalten an einem Weltbild.
Prüfe das doch einmal an deinem eigenen Horoskop und versuche unbelastet heranzugehen. (Die Frage lautet nicht, was könnte alles stimmen, sondern welche Entsprechungen liegen näher als andere!)
Man muss dazu immer wissen das Placidus selbst ein Ursache-Wirkung Modell vertrat. Lux influentia simul sunt. "Wo Licht ist, da ist Einfluss". Es ist grotesk, das wir uns heute alle bemühen, nicht mehr von "Wirkungen" (Strahlen) der Planeten auf das Leben zu sprechen und doch gleichermaßen ein Häusersystem in Gebrauch ist, das genau auf dieser Idee von Strahlen basiert und sonst ÜBERHAUPT KEINEN SINN hat...
Bezüglich der Ephemeriden: Frag doch vielleicht mal bei Dieter Koch nach (astro.com). Mittels Google findet man auch einen NASA Ephemeris Calculator aber der erschien mir etwas aufwändiger in der Bedienung...
C.: Dein Tonfall ist etwas altväterlich, und Du tust so, als wärest Du der einzige auf dieser Welt, der jemals die Häusersysteme verglichen hat. Ich habe Vehlows 9 Bücher gelesen und auch nach seiner Manier Horoskope betrachtet.
Wer sagt, „meins ist das richtige und die anderen sind falsch“, handelt so unweise wie irgendwelche religiösen oder politischen Fanatiker. Und wer wirklich etwas gefunden hat, hat kein Interesse, andere davon zu überzeugen.
Vehlow hat sein Häusersystem nach Ernst Tiede eingerichtet, der sich 1907 einzig auf einen Satz von Firmicus Maternus bezieht, welch letzterer keine Ahnung von Astronomie hatte. Wilhelm Knappich und Albert Kniepf haben die Unhaltbarkeit dieses Systems (vom wissenschaftlichen Standpunkt) längst dargelegt. Als Tiede seinen Fehler bemerkte, begründete er es rein esoterisch anhand der Aura des Menschen (Ernst Tiede: „Das Mysterium der 12 Orte") . Später vereinfachte er sein System noch weiter und meinte „es stammte aus uralter Vorzeit" (in seinem Arierwahn hatte das schon faschistoide Anklänge, was in späteren Schriften deutlicher wurde). Das ist das System mit den äqualen Häusern, deren Mitte der Höhepunkt ist und welches Vehlow dann 10 Jahre später übernommen hat, und auch noch selbst entdeckt haben will und es „antike Manier" nannte.
Tiede hatte nachweislich den Unterschied zwischen Regiomontanischem und Placidianischem Häusersystem nicht verstanden. Er war wohl ein ziemlich unwissenschaftlicher Phantast. Er berief sich auf „uralte Quellen", wie auch sein Nachfolger Vehlow.
Vehlow, der sich selbst als Reformer und Erfinder titulierte, kam ziemlich selbstbewusst bis großschnäuzig daher, berief sich auf die antiken Astrologen, ohne die feinen Unterschiede zwischen ihnen oder ihnen und sich zu berücksichtigen, vielleicht wusste er nicht einmal, dass Ptolemaeus selbst die inäquale Manier im Almagest propagierte. Er sprach falsch aber selbstbewusst u.a. über den „Kulminationspunkt am Äquator", der die Mitte des 10.Hauses sein sollte. Er machte zudem Anleihen bei Frank Glahn und Alfred Witte, um noch die Sonnenort-Einteilung und die Mundan-Einteilung zu „erfinden".
Und dass es kein Argument gegen Placidus ist, dass man das System hinterm Polarkreis nicht gebrauchen kann, brauche ich wohl nicht erklären....
Tiede oder Vehlow vertraten damit vielleicht noch viel falschere Weltbilder als Placidus, der ein astronomisch relevantes System nach den Theorien des Ptolemäeus baute.
Trotz alledem akzeptiere ich Vehlow, der vielleicht ein wenig unwissenschaftlich und großkotzig ist, aber dennoch originelle Zusammenhänge schafft und Horoskope deuten konnte, wie eben auch einige Placidianer oder Regiomontaner oder Hamburger etc.... .
Du wirst den Vehlow vorziehen, weil Du vielleicht Dein IC auf seinem Uranus hast und dann von ihm inspiriert bist oder Deinen Merkur auf seinem MC, und er deswegen stark auf Dich gedanklich wirkt. Das ist o.k. Jeder hat seine eigenen Affinitäten und muss etwas daraus machen.
...
Im Übrigen lese ich jetzt kein Argument für Vehlow aus Deiner Nachlese vom Interwiev mit Herrn Noe. Er war einfach höflich zu Dir und wollte sich auf keine weiteren Diskussionen einlassen, weil sie zuviel Zeit kosten und keinen großen Nutzen haben.
Der einzige Nutzen kann wohl sein, dass andere hier in diesem Forum einmal lesen können, dass es verschiedene Standpunkte gibt und ich das obige von Dir hiermit für einige Leser relativiere.
Der andere:
Bitte was für Fehler? Hast Du da Quellen? Das System ist so einfach, da ist überhaupt kein Platz für "Fehler". Historisch sind die äqualen Häuser unzweifelhaft belegt. Das erste "Häusersystem" der Welt waren die Tierkreiszeichen selbst. Widder das 1. Haus, Stier das 2. Haus, alle jeweils 30° und somit äqual!
Also sage mir, wo da ein Fehler ist?
Die "uralte Quelle" ist die inhärente Logik der Astrologie. Was nun wiederum an Placidus oder Regiomontanus "wissenschaftlich" sein soll, weiß ich nicht. Alles mathematische "Phantasten".
Natürlich darf ich eine "Wahrheit" beanspruchen. Und wenn jemand anders eine andere "Wahrheit" beansprucht, dann sollte man sich zusammensetzen und Argumente austauschen. Im Falle der inäqualen Häuser (Placidus bis sonstwen) sind die Argumente eher schwach.
Jeder liest, was er lesen will. Vergleiche einfach nur die Sonne in seinem Horoskop nach Vehlow und nach Placidus und dann sage mir was besser passt, zu einem Mann, der sich selbst am liebsten in der Rolle des stolzen Familienvaters sieht.
C.: ...Die Fehler bei Tiede und Vehlow, die nachweisbar sind, beziehen sich auf die Begründungen der Quellen, die sie heranziehen, die antiken Sichtweisen, die so nicht vorhanden waren, auch die astronomischen Gegebenheiten...
Aber ich will mir nicht die Mühe machen, es näher auszuführen, weil es auf die Resultate des Systems ankommt und nicht auf die theoretische Begründung oder die Entstehungsgeschichte. Letztere hat höchstens einen Symbolgehalt.
Die Entstehungsgeschichte des GOH in Verbindung mit dem Namen Koch ist ja z.B. auch eine sinnreich traurige Geschichte...
Und im Resultat des Systems denke ich nicht, dass man so argumentieren kann: "weil er gerne über seine Kinder spricht, ist die Sonne im 5. Haus und deswegen hat Vehlows Häusersystem den Vorzug." Das ist nun wirklich etwas zu platt!
Ich sage ja auch nicht: "schau wie redselig ich hier in Deinem Forum bin. Nach Vehlow steht mein Merkur in 8, nach Placidus in 7. Also muss Placidus stimmen...." Das wäre wohl ziemlich dumm.
der andere: Das antike System interessiert sich überhaupt nicht für Astronomie. Also kann auch kein "astronomischer" Fehler darin liegen.
Knappich: »Bei der Auslegung nahm man zunächst das Zeichen, in dem der Horoskopos steht, zugleich als das 1. Haus an, das nachfolgende Zeichen bildete das 2. Haus, das weiter folgende Zeichen das 3. Haus usw., da es hierbei aber oft Unstimmigkeiten gab, wenn der Horoskopos in den letzten Graden eines Zeichens stand, teilte man die Ekliptik vom Aszendenten aus in 12 gleiche Teile, das waren die Häuser der sogenannten aequalen Manier (...).« Und das waren die ersten astrologischen Häuser überhaupt.
Nicht nur weil er gerne darüber spricht, sondern weil er sich mit dieser Rolle voll und ganz identifiziert. Um nichts anderes geht es doch bei der Sonne in den Feldern.
7. Haus = redselig? Charakterliche Eigenheiten sind ja mehr Sache des Tierkreises, gell...
C.: Viel hast Du wohl nicht von Knappich gelesen, sonst könntest Du bei ihm „der Mensch im Horoskop“ (1951) ab S.51 erfahren, wie man seit der Antike versuchte, die gleichmäßige Einteilung von 12 Doppelstunden in ein graphisches Verhältnis zu setzen, welches natürlich aufgrund der Schiefe der Ekliptik zum Himmelsäquator ungleich große Häuser zur Folge haben musste. Zunächst waren es die 4 Eckpunkte, daraus wurden 8 Häuser, bis schließlich 100 v. Chr. Serapion die 12 Häuser einführte.... Knappich spricht dann auf S.69 von der Einteilung der Häuser. Man zählt auf dem Äquator (!!) nicht auf der Ekliptik je 30 Grade zum MC, und daraus entstehen die Häusersysteme eines Placidus und Regiomontanus. Gerade Knappich war ein ausgesprochener Vertreter der inäqualen Manier und weist dies schon als Anspruch des Ptolemäeus nach.
Und dieses so genannte „antike System“ eines Vehlow interessiert sich erst seitdem nicht für astronomische Gegebenheiten, seitdem eben der von Dir zitierte Wilhelm Knappich Vehlow und Tiede ihre Unwissenschaftlichkeit nachgewiesen hat. Ich sagte schon, dass Kniepf es bei Tiede konstatierte, und dieser dann dazu überging, es esoterisch zu begründen. Nachlesen kannst Du das alles in der Zeitschrift Zenit , III. Jahrgang, 1932, Heft 7, Seite 265, wo sich Knappich über dieses Häusersystem und die Anmaßung von Vehlow gleichermaßen erregt wie lustig macht.
Zitat: „Nun hat unser Reformator es aber für nötig befunden - offenbar um dem „Häuserwirrwarr“ kategorisch ein Ende zu machen - das so erhaltene „Horoskop nach antiker Manier“ noch mit 2 weiteren Einteilungen zu überlagern, wozu er, wieder ohne auf seine Quelle zu verweisen, bei Frank Glahn und Alfred Witte einige Anleihen macht. Es ist dies die Sonnenort-Einteilung und die Mundan-Einteilung „Auf diese Weise erhalten wir in jedem Horoskop eine dreifache Einteilung... was seine Bedeutung natürlich verdreifacht.“ (S.208) Natürlich!...“ Knappich nennt dieses System ein „System konzentrischer Eselsbrücken für ewige Dilettanten“
Der andere: Offenbar hast Du das Zitat, das ich vorher gebracht habe, nicht verstanden oder nicht gelesen.
Noch einmal: Das ist der Ursprung der astrologischen Häuser. Keine astronomischen Überlegungen oder irgendetwas anderes. Reine Symbolik! Eben so, wie der Tierkreis Symbolik ist.
Gegenfrage mit der Bitte um klare Antwort: Wenn Du Häuser nach astronomischen Bedingungen einrichten willst, warum gilt das dann nicht auch für die Tierkreiszeichen? Sind doch nicht alle 30° groß. Und was ist eigentlich mit tropischem und siderischem Tierkreis. Nur einer ist ja astronomisch korrekt - Und darauf scheinst Du ja wert zu legen...
C.: Bitte, lieber XX, ich kann Dir hier nicht Unterricht in Grundlagen der Astrologie erteilen. Lies doch mal ein paar gute Bücher, forsch selbst, bevor Du Dich da vorne hinstellst und der Öffentlichkeit etwas verkündest. Etwas mehr Bescheidenheit und Ehrfurcht täten Dir gut. Ich werde jetzt trotzdem eine längere Antwort folgen lassen, auch wenn ich mich um Einfachkeit und Kürze bemühe. Ich hoffe, es bringt Dir etwas und vielleicht auch anderen:
Zu Deiner Frage:
1. tropischer Tierkreis:
Unser tropischer Tierkreis orientiert sich nach den Jahreszeiten als die 4 Kardinalzeichen die mit den Äquinoktien und den Sonnenwenden übereinstimmen und damit natürlich - wie die gängigen inäqualen Häusersysteme - eine astronomische Grundlage haben - auch wenn sie sich nicht um die Sternbilder kümmern, sondern nur dort ihre Bilder entlehnt haben. Nach den jahreszeitlichen Erlebnissen und den Erfahrungen mit den 12 Mondstationen wurden diese 12 Bilder beseelt. Diese Zwölfteilung bezieht sich aber auf die Ekliptik, die Sonnenbahn. Dieser tropische Tierkreis, Grundlage der ptolemäeischen abendländischen Astrologie, ist das erste Mal ca. 150.v.Chr. von Hippach definiert worden. Unten noch ein Zitat von Placidus selbst, der Häuser mit diesem Tierkreis ins Verhältnis setzt.
2. siderischer Tierkreis:
auch er hat eine astronomische Bewandtnis, indem er die Fixsterne zeigt. Man kennt ihn wohl schon ein paar Jahrhunderte länger als den tropischen. Die hellsten und größten Sterne (aus unserer Sicht) geben die Eckpunkte der Bilder und werden auch von manchen im tropischen Tierkreis noch sinnvoll eingebracht. Einzelne Gradbeschreibungen haben oft damit zu tun.
Die Bilder der Tiere darin zu sehen ist der unwissenschaftliche Teil, man kann auch ganz andere Wesen in den Sternen sehen, wenn man andere Verbindugslinien zieht, wie es z.B. die Chinesen taten.
Dass sie es taten hat wiederum etwas mit dem jahreszeitlichen Erleben zu tun, was uns wieder zu dem tropischen Tierkreis führt.
Zur Zeit der Bildung der Grundlagen unserer Astrologie stimmte der siderische Tierkreis mit dem tropischen überein. Das schaffte zunächst stärkere Erkenntnis, später Verwirrung, auf welchen der beiden Tierkreise die Regeln Anwendung finden sollen. Es gibt daher auch indische Astrologen, die mit dem tropischen Tierkreis arbeiten.
Sicherlich gibt es auch erfolgreiche Astrologen, die mit dem siderischen Tierkreis arbeiten. Sie brauchen dann allerdings andere Regeln.
Wieder ist es so - ich sagte es bei den Häusern schon - dass verschiedene Methoden zum richtigen Resultat führen können.
3. Häuser:
Um auch die Tageszeit mit hineinzubringen - denn der Tierkreis bezieht sich ja nur auf die Jahreszeit, musste man eine weitere Einteilung vornehmen. Man sah zunächst den Aufgang und den Mittagspunkt usw. (s.o.)
Die Ekliptik hängt mit dem oben (1) genannten Tierkreis zusammen. Unsere Tagesbewegung geschieht aus der Erdrotation um sich selbst, die man primäre Bewegung nennt. Was sich dreht, läßt sich im All als den ins Unendliche ausgedehnten Erdäquator = Himmelsäquator darstellen. Dieser ist zur Ekliptik um 23° gekippt. Und deshalb müssen die Tageszeiten, deren Qualität man gerne mit in das Horoskop inform von Häusern applizieren wollte, ebenso schräg projiziert werden, damit der Mittagspunkt der höchste Punkt im Horoskop ist, der AC der Aufgangspunkt und dazwischen in jedem Haus gleichviel Zeit verstreicht. (Placidus sagt das in dem Zitat unten schöner)
Mehr zu en Häusern unter 4. und 5.
4. Deine Textstelle:
Wenn Knappich die Entstehung der Häuser beschreibt und sagt, dass die Häuser zunächst ab dem Ascendenten in gleiche Teile geteilt wurden, so beschreibt er damit den Beginn der Umsetzung der Häuseridee, nicht aber die ursprüngliche Idee selbst. Das ist Deine Interpretation dieser Textstelle. Sollte er dies im Folgenden doch behaupten, so widerspricht er sich selbst zu anderen Textstellen, die ich weiter unten nennen will.
Wir gehen ja auch nicht mehr von der Annahme aus, dass die Erde eine Scheibe ist, auch wenn diese Idee älter und ursprünglicher ist, als die der Kugelgestalt. So sollte man es auch nicht als allzu grundlegend überbewerten, dass man ab AC zunächst einmal 30 Gradstücke abtrug. Die alten Bezeichnungen für die Sternzeichen sind auch oft „Häuser“. Da gab es noch nicht diese Trennung, die sich aber mit Beginn der Idee der Häuser in der Antike entwickelte.
Ptolemäeus gelang es nicht, ein Häusermodell zu konstruieren, das seinen Ansprüchen, welche er selbst im Almagest als notwendig inäquales System definierte, gerecht zu werden. Doch er stellte nach seinem damaligen astronomischen Stand Häuserkonstruktionsideen auf, welche spätere Astrologen versuchten umzusetzen.
Dies vollendeten dann erst Campanus, Regiomontanus und Placidus.
Ptolemäeus durfte auch nicht allzu offen mit seiner Häusertheorie sein, da es gegen die Tradition der ägyptischen Tempelpriester war. So deutet er im Tetrabiblos III,10 bei der Beschreibung der hylegialischen Orte das 9. Haus und das 11. Haus vorsichtig an.
Er sagt:
„...ähnlich und zeitlich gleich sind nun jene Stellen, welche gleiche Lage in Bezug auf Meridian und Horizont haben; dies ist der Fall etwa bei allen jenen Stellen welche auf einem der durch die Schnittpunkte von Horizont und Meridian gehenden Halbkreise liegen, und jeder dieser Halbkreise, welche gleichweit voneinander abstehen, bezeichnet eine Temporalstunde....“
Auf diese Anweisung des Ptolemäeus gründet sich die Häuserkonstruktion des Placidus de Titis.
Knappich beschreibt an den zwei von mir genannten Stellen (Mensch im Horoskop und noch expliziter im Zenit), dass man mit der Idee von ungleichen Häusern begann. Auch auf S.61. seiner Geschichte spricht er indirekt davon, indem die Kentra natürlich von Anfang an ungleich groß sein mussten.
In dem genannten Aufsatz im Zenit nennt Knappich auf S.272 die 9 ältesten überlieferten Horoskope (Anubion (137 n.Chr.), Papyrus Stobart (150 n. Chr.), Manethos...) und stellt fest, dass kein einziges dieser Horoskope in äqualer Manier überliefert wurde, sondern schon mit den inäqualen Kentra!
Schon gar nicht - weist Knappich nach - hätte man in der Antike die Häuser nach ihren Mitten gebildet. Er bittet Vehlow, ihm auch nur in einziges Beispiel aufzuzeigen...
5. Relevanz dieser Betrachtungen:
ich wiederhole mich, wenn ich sage, dass ich damit nicht meinen will, dass das inäquale System das einzig richtige ist. Doch es geht nicht an, dass man meint, das äquale sei das einzig richtige. Astronomie ging im Altertum bis zur Renaissance Hand in Hand mit der Astrologie und umgekehrt. Deswegen kann man die Astronomie nicht einfach verwerfen.
Ich finde es nicht wichtig, ob nun das äquale oder das inäquale System zuerst da war. Ich nannte das nur als Antwort auf die Fragen und die Glaubwürdigkeit der Äußerungen Vehlows.
Die genannten Textstellen sollen - wie gesagt - nicht beweisen, dass ein inäquales System besser ist. Das soll jeder Astrologe selbst entscheiden. Ich jedenfalls befinde es nicht für nötig, das System, das ich für gut erachte, auch anderen dringend anzuempfehlen. Diese Textstellen sind einzig dazu da zu zeigen, dass Deine Behauptung, die äquale Manier, und vor allem die Vehlowsche, sei antik oder ursprünglicher als die inäquale, schlichtweg falsch ist.
Nebenbei haben wir außerdem bemerkt, dass sie keine astronomische Bewandtnis hat, wie es Tiede und Vehlow zunächst vorgaben. Sie hat weder historische noch wissenschaftliche Bewandtnis. Du sagst symbolische. Das ist o.k. (Vielleicht nicht ganz, dazu mehr unten, aber darüber möchte ich nicht auch noch diskutieren.)
Wir haben außerdem in dieser Betrachtung vielleicht auch ein wenig einen Eindruck über Vehlows vermeintliche Lauterkeit und Originalität erhalten.
Aber all das sind natürlich keine Argumente, dass man nicht vielleicht trotzdem etwas mit diesem System anfangen kann. Doch darum ging es Dir ja nicht in unserer Diskussion. Und ich will es inzwischen auch gar nicht mehr wissen. Denn allein unser Dialog fühlt sich für mich schon zu sehr nach den Fußstapfen derer an, über die wir sprechen.
Vielleicht können wir deswegen daraus also auch folgern, dass Du aufpassen musst, nicht die Fehler Deines Lehrers als Erbteil mitzunehmen.
Anhand dieser Betrachtungen meine ich auch zu ersehen, dass es wohl nicht Placidus als Vehlow ist, der hier ein haltloses Weltbild hat.
Da wir nur deren Konstruktionen und nicht deren Weltbilder benutzen, könnte uns auch das egal sein.
Und zuletzt möchte ich es einmal sein, der etwas symbolisch auffasst, nicht falsche Rechengrößen, welche die Tageszeit für weitere Untersuchungen beschreiben sollen, das wäre mir gar zu unpassend, sondern das Wort „Einfluss“.
Ich denke mir, dass ein Licht oder eine Form „einfließt“ und so gleichfalls das Geschehen zeigt oder bedeutet. So möchte ich dieses Wort in den Ausführungen eines Mahematikprofessors verstehen, der als bescheidener Benediktinermönch sich Zeit seines Lebens der astrologischen Forschung hingegeben hat, Placidus de Titis hieß und in seinem Hauptwerk, der Physiomathematica, im 11. Satz dieser (von Dir kritisierten) Einflusslehre, die Du vermutlich nicht kennst, Folgendes schrieb:
„Demnach sind alle Häuser real und wirksam, weil sie den Einfluß der Sterne gemäß ihrer Bewegung im Tageslauf um die 4 Angelpunkte proportional aufteilen, „hier gehen die Sterne auf, kulminieren und gehen unter, und daher sind auch die weiteren Teilungen reale und successive Wirkungen der Sternbewegungen“ Die Zeichen aber sind real und wirksam, weil sie den Lauf der Sterne im Tierkreis proportional aufteilen und weil von den 4 Wendepunkten des Tierkreises der Wechsel der Jahreszeiten und der Einfluss der Qualitäten seinen Ausgang nimmt.“
Dies ist auch meine Anschauung und meine Erfahrung im Umgang mit dem placidianischen Häusersystem. Nur wegen dieser Grundlage und dessen gültiger Umsetzung können wir die placidianischen Häuser rhythmisch betrachten, können wir Direktionen nach der schiefen Aufsteigung bestimmen oder Häuserspitzen auf zodiakalen Wirkungspunkten mit sich immer bestätigender Richtigkeit deuten.