James Joyce, Ulysses, Hölderlin

James Joyce, Ulysses, Hölderlin

Es folgen die Horoskopdeutung einer Kursteilnehmerin, die es als Blindhoroskop deutete, Zitate aus Biographien über James Joyce. Es ist dies ein Teil eines Astrologieseminars in Berlin. Meine Kommentare und Ergänzungsdeutungen schreibe ich in grün.

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Steinbock AC mit Saturn in 3 beherrscht von Mars in 6:

Es geht hauptsächlich um eine Darstellung, um eine Form, die dargestellt wird.

Ein Mann mit Ecken und Kanten, jemand der nach außen zeigt dass er beherrscht, diszipliniert und geradlinig ist. Seine Umgebung ist geprägt von dieser Ordnung. Das Trigon zwischen AC und Saturn lässt ahnen, dass hier ein wunderbarer Fluss zwischen ihm und einer Darstellungsform in Gang kommt. Die regelnde und ordnende Art des Horoskopeigners ist beherrscht von Mars in sechs, einer scharfen Wahrnehmung. Dies alles, um sich über Merkur in zwei in die Gemeinschaft zu integrieren. Der Merkur, seine Artikulation, nimmt eine Form an bzw. er integriert sich schreibend in die Gesellschaft.

 

"Diese Gewohnheit, die geringsten Begebenheiten zu sammeln, wurde bald zu einer für seine Mitmenschen höchst unangenehmen Manie…"

(Jean-Paris, Joyce, Hamburg 1960, S.55)

MC Skorpion mit Pluto in 4 beherrscht von Venus in 1:

Das Bestimmende wird innerlich. Pluto im Spiegelpunkt zu Mond in sieben kann man als ein vorgestelltes Innenleben verstehen. Das was draußen mit dem Gegenüber erfahren wird, wird nach innen getragen und als ein Konzentrat in Form einer starken und lebhaften Phantasie erlebt. Die Venus in 1 bringt es an den Tag:

Es wird harmonisch/kunstvoll zur Erscheinung gebracht, als eine essentielle Darstellung (beherrscht von Saturn in drei), die als sehr scharf Wahrgenommenes (beherrscht von Mars in sechs) in eine schriftliche Form gebracht wird (beherrscht von Merkur in zwei), die Vorstellungen/Konventionen  verändert und gleichzeitig auflösend auf das Seelische wirkt (Uranus in 8 und Neptun Spitze 4), was wiederum in Erscheinung gebracht wird.

Während Uranus über den Mitherrscher in Rezeption zu Merkur steht und dadurch ständig Neues erdacht und gedichtet werden kann, ist der Herrscher von Merkur in erster Linie Neptun und führt zu einer Vernebelung des Seelischen, löst die eigene Identität auf und führt zu einer Loslösung von inneren Prozessen.

 

Es scheint fast so als ob der Horoskopeigner, je mehr er schreibt sich von seinen inneren Bildern und Phantasien erlöst. Diese kommen teilweise auch aus dem Unbewussten und vielleicht auch noch mehr aus dem Schöpferischen (Mondknoten betont Spitze 11) und erweitern den seelischen Raum. Man kann sich sehr gut vorstellen, dass dieses vierte Haus wie ein schwangerer Bauch darauf wartet geboren zu werden und auf irgendeine Weise ins Leben zu treten, was mit der Venus in eins gesichert ist.

Resümee:

Ein Schriftsteller, der stark in seinen Innenwelten lebt, sich beim Gegenüber in der realen Welt seine Eindrücke holt, die er innerlich zu Bildern verarbeitet und zur Erscheinung bringt.

Er scheint mir zum einen zu sehr an den Bedingungen orientiert und vielleicht auch etwas besessen von ihnen mit dem Mars in sechs, andererseits aber auch unkonventionell und wahrscheinlich tabulos durch Uranus in acht. Es könnte auch sein, dass er Frauen verachtet, auf harten Sex steht und sich selbst vergöttert.

Das Jupiter Uranus Trigon zeigt, wie förderlich die seelische Weite und Reichhaltigkeit für die geistige Unabhängigkeit ist. Hier schwingt auch Übermut und Provokation mit. Er ist also auch jemand, der sich nicht verbindlich einlassen wird, um seine schöpferischen Prozesse im Inneren nicht zu behindern.

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AO-Stellungen:

Steht der Mond auf  24° Krebs, also auf dem Wirkpunkt Mond Venus, so betont dies die weiche harmonische Art in der Begegnung, macht ihn charmanter und eleganter im Umgang.

Steht der Mars auf 3° Krebs, so steht er näher an der Achse, hat dadurch insgesamt mehr Gewicht und beschreibt den Horoskopeigner durch den Wirkpunkt Mond Neptun als Unterlegenen, der sich auf seine sensible Seite nicht einlassen kann, diese nicht wahrnehmen kann und sich verliert. Die äußerst scharfe Wahrnehmung, zeigt dann, dass er sich sehr nach außen richtet, sich umschaut, um zu sehen was andere machen, wie sie es machen etc. um sich darüber zu definieren, was „richtig“ ist. Es ist ein sich verlieren im anderen, die Unfähigkeit sich abzugrenzen.

Schöne Deutung. Du hast den Merkur vergessen zu beschreiben. Das will ich an dieser Stelle nachholen: diese kleine Verschiebung von 49 Bogenminuten zeigt doch eine Menge an Unterschieden an. Denn der Merkur kommt damit in den Orbis von 2 Grad Fische. Es ist also einmal der Neptun in 4 und zum anderen der Saturn in 3, welcher durch den Merkur in 2 ausgedrückt wird. Das ist das Aufgelöstsein, sein seelisches Loch oder All, sein Nichts und Alles, sein nicht-da-sein und keinen-Boden-finden, wo es keine Zentrierung auf ein Ich oder ein Individuum gibt, sondern ein allgemeines Ganzes. Und dies zersetzt den Saturn. Der Saturn wäre hier wie in der Astrologie allgemein die Darstellung der Ordnung. Mit dem zum Neptun Gesagten ist er die Darstellung der Auflösung von Ordnungen im Sinne des „Alles“, das in der Seele haltlos beschrieben werden möchte. Dafür findet er mit dem Merkur eine Sprache, eine neue Sprache, die alle Konventionen durchbricht, da der Merkur zum Uranus in 8 wird. Es wäre dies ein Hinweis für den "stream of conciousness“

Der Strom des Bewusstseins ohne Punkt und Komma ist also der Neptun in 4, der Mond-Neptun, der einen Saturn, eine ordentliche konventionelle Grammatik zersetzt und neue Gesetzmäßigkeiten formt. Mars, welcher in seiner AO-Stellung auf Mond-Neptun steht und das eben Gesagte wesentlich bestätigt und den Saturn danach formt. Im 6. Haus nimmt er in Schärfe die ganze Unklarheit und Verschwommenheit wahr und bringt sie nach 2 in die Sprachform des Merkur. Er bezieht sich mit Mond-Neptun auf den Mond in 7, das Einfühlen alles Erlebten, der Geschehnisse des auf ihn Einströmenden und zersetzt es mit seiner seelischen Auflösung scharfsinnig als Mars. Es ist der Einfluss seiner Seelenerweiterung auf das Erlebte, welches seine Phantasie, eigentlich eher Einbeziehung des Ganzen aus dem inneren Kontext, ausmacht.

Zusammenfassend kann man also gerade wegen der AO-Stellungen von Merkur und Mars sagen, dass es in der Anlage und dem ganzen Geschehen dessen, was in James Joyce vorgeht, vor allem um den Saturn, den Merkur und den Mars geht, welche je von dem Mond und dem Neptun modifiziert und transzendiert werden und so den Bewusstseinsstrom als Sprache darstellbar machen. Von diesen 5 maßgebenden Planeten ist der Neptun am IC derjenige, der alle anderen färbt.

Wenn wir dieses Gebilde genügend beschrieben haben, hängen sich die anderen Planeten daran auf.

Wir könnten auch über andere Eigenheiten des Horoskopeigners reden, wie seinen Mond-Pluto und seine Musikalität, die ihm zunächst eigentlich wichtiger als die Schriftstellerei waren.

Doch will ich diese Darstellung hier auf seinen Stil und den Ulysses reduzieren. Hier die Verfilmung von Ullysses aus dem Jahr 1967:

"Vom unendlich Großen bis zum unendlich Kleinen wiederholt sich alles ohne Unterlass, denn wir befinden uns hier im Reich des Relativen, wo die Welt uns nur erlaubt, wie in einem Spiegelsaal von Täuschung zu Täuschung zu taumeln. „Das wahre Leben ist anderswo“; wir können davon träumen wie Leopold von seinen tropischen Pflanzungen, doch ohne Hoffnung, es je zu erreichen. Zur Zeit, zum Alptraum der Geschichte verdammt, bleibt uns nichts anderes übrig, als unsere Verfassung als verbannte zu beschreiben, unsere Gesichter, unsere Masken, unsere Gedanken, unsere Leiden, Freuden und Mühen." (Jean Paris: Joyce, S. 38)

"Er schuf die Welt neu. gegen den gemeinsten, unfassbarsten, unbesiegbarsten Feind: die Zeit. Sein Traum? Den Menschen von der Geschichte befreien, indem man sie bezwang, indem man hinter ihr eine allgemeine Ordnung wiederfand." (Jean-Paris: Joyce, S. 65)

Pluto in 4: "Denn der Fall in die Sünde, die Schlammgrube und das Labyrinth ist gleichzeitig auch der Fall in die innere Nacht, die von den Mythologien der Unterwelt gleichgesetzt wird." (Jean-Paris: Joyce, S.94)

Joyce beschreibt im Ulysses in 18 Episoden einen Tag – den 16. Juni 1904 – im Leben des Leopold Bloom, seines Zeichens Anzeigenakquisiteur bei einer Dubliner Tageszeitung. Ursprünglich war der Stoff als 13. Erzählung in dem Band Dubliner geplant, Joyce entschied sich jedoch anders und begann 1914 mit der epischen Bearbeitung. In Anlehnung an Homers Irrfahrten des Odysseus lässt er den Leser an den (Irr-)Gängen seines Protagonisten durch Dublin teilhaben, die in der Nacht schließlich in der Begegnung mit dem jungen Lehrer Stephen Dedalus – der Hauptfigur aus dem gleichzeitig begonnenen, jedoch bereits 1916 veröffentlichten Roman Ein Porträt des Künstlers als junger Mann – kulminieren, nachdem sich beide während des Tages mehrmals begegnet sind.

image002Jedes der 18 Kapitel kann einer Episode aus dem homerischen Epos zugeordnet werden. Dabei wird das jeweilige Thema nicht nur inhaltlich, sondern auch durch die stilistische Komposition dargestellt. So ist beispielsweise das siebte Kapitel („Äolus“) vollständig in Form kurzer Zeitungsartikel verfasst, im 14. Kapitel wird das Wachstum eines Kindes im Leib der Mutter sprachlich symbolisiert, indem der Text sich schrittweise vom Altsächsischen bis zur modernen englischen Umgangssprache entwickelt. Das letzte Kapitel, der berühmte Schlussmonolog von Blooms Frau Molly, „Penelope“ genannt, besteht aus acht langen Sätzen ohne Interpunktionszeichen, die den Leser Mollys Bewusstseinsstrom miterleben lassen.

Joyce schildert nicht nur die äußeren Geschehnisse, sondern auch die Gedanken seiner Protagonisten mit allen ihren Assoziationen, Erinnerungsfetzen und Vorstellungen. Die Sprache wird dabei ungeordnet und bruchstückhaft verwendet, „wie es der Person gerade durch den Kopf geht“. Dieses Stilelement, der so genannte „stream of consciousness“ wird hier zum ersten Mal zentrales Gestaltungselement eines literarischen Werkes. Häufig, besonders im „Irrfelsen“-Kapitel, überlagern und überschneiden sich die Gedanken mehrerer Personen, die sich flüchtig begegnen, Straßengeräusche dringen kurz ins Bewusstsein ein oder bleiben gerade an dessen Schwelle stehen. Ereignisse, die sich gleichzeitig an verschiedenen Orten Dublins abspielen, durchdringen sich, stehen nebeneinander oder verschwimmen zu einem einzigen Eindruck. Auf diese Weise entsteht letztlich ein intensives und realistisches, enzyklopädisch vollständiges Bild der Stadt Dublin an jenem 16. Juni 1904:

„Ich möchte ein Abbild von Dublin erschaffen, so vollständig, daß, wenn die Stadt eines Tages plötzlich vom Erdboden verschwände, sie aus meinem Buch heraus vollständig wieder aufgebaut werden könnte.“

James Joyce (Zitat aus Wikipedia „Ulysses“)

Es gibt noch jemanden, mit Merkur auf 2 Grad Fische. Es ist Friedrich Hölderlin, der in ganz anderer Art die neptunische Auflösung des Greifbaren und der Ordnung in Worte verwandelte.

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